Was wollen die Poale Zion?
Von Ber Borochow
In der
sozialistischen Arbeiterbewegung sind zwei Programme zu unterscheiden. Das
Programm, das die Zukunft skizziert — die Diktatur des Proletariats, den Umbau
der Gesellschaft auf kommunistischer Grundlage — nennen wir Maximal-Programm.
Das Programm dagegen, das die gegenwärtigen Interessen der Arbeiterklasse
behandelt, das die Mittel aufweist, die Macht der Arbeiterklasse schon jetzt, im
Kampf um die Zukunft, zu steigern, nennen wir Minimal-Programm.
Das
Maximal-Programm aller sozialdemokratischen Parteien aller Länder und Völker ist
international; im Minimal-Programm sind neben Zielen, die dem Proletariat aller
Nationen gemeinsam sind, nationale Sonderforderungen von großer Bedeutung
enthalten. Der Proletarier, der einer unterdrückten Nation angehört, fühlt auf
mannigfaltige Weise den Druck, der auf sein Volk ausgeübt wird. In früheren
Zeiten hatte der Sozialismus proklamiert, dass der Proletarier kein Vaterland
habe; so kamen sozialistische Theoretiker auch zur Illusion, dass Sozialisten es
nicht brauchen und dass es ihrer sogar unwürdig sei, sich mit der nationalen
Frage zu befassen. Mit der fortschreitenden Entwicklung des
proletarisch-revolutionären Bewusstseins verblasste diese Illusion wieder,
hauptsächlich im Bewusstsein der Proletarier unterdrückter Nationen. Sie nahmen
keine Rücksicht auf die Gegnerschaft kurzsichtiger Kosmopoliten, denen jede
geschichtliche Perspektive fehlte und die das Maximal-Programm mit dem
Minimal-Programm verwechselten; dieses Proletariat glaubte, dass es reaktionär
sei, die nationale Frage zu ignorieren, es befasste sich sehr ernst mit dieser
Frage, und es fand für sie auch bestimmte Lösungen.
Die
Lösung der nationalen Frage kann nur richtig und wahrhaft revolutionär sein,
wenn folgende Regeln berücksichtigt werden: erstens müssen die Wurzeln der
nationalen Unterdrückung aufgezeigt werden, unter der der betreffende Teil
der Arbeiterklasse leidet; zweitens muss ein Teil des Minimal-Programms auf die
restlose Beseitigung der Bedingungen gerichtet sein, die die nationale
Unterdrückung hervorrufen — sonst könnte man sich bei der Lösung der nationalen
Frage zwischen zwei Stühle setzen; drittens muss die Lösung der nationalen
Frage, ebenso wie alle anderen Forderungen des Minimal-Programms, durch den
Klassenkampf, das einzige Mittel, das dem Proletariat zur Verfügung steht,
verwirklicht werden ; viertens muss die Lösung der nationalen Frage im Wege des
Klassenkampfes das Ergebnis eines zwangsläufigen Geschichtsprozesses
sein, in dem die sozialen Bedingungen und Kräfteverhältnisse alles auslösen und
die bewusste Tätigkeit des organisierten Proletariats nur dasjenige reguliert,
was durch das Leben selbst in Erscheinung tritt. Zu dieser radikalen Lösung der
nationalen Frage kann man erst nach einem langwierigen Ideenkampf gelangen. Die
Theoretiker des Proletariats einer unterdrückten Nation sind nicht immer in der
Lage, in ihr Minimal-Programm eine derartig revolutionäre und konsequente
Auffassung der nationalen Frage aufzunehmen. In der ersten Zeit sind diese
Theoretiker äußerst schwankend; manchmal ignorieren sie die nationale Frage,
manchmal erkennen sie sie an; aber der revolutionäre Gedanke, selbst zur vollen
Entwicklung noch nicht gereift, greift allmählich die nationale Frage auf und
bringt sie der Lösung näher.
Die
ersten Ideologen des Proletariats im jüdischen Leben trugen in die Reihen der
jüdischen Arbeitermassen das sozialistische Maximal-Programm, das rein
internationale Ideal. Es zeigte sich aber bald, dass der Klassenkampf des
jüdischen Arbeiters auf besondere Hindernisse stößt. Die ersten Intellektuellen,
die das sozialistische Bewusstsein ins Ghetto trugen, konnten sich über den
Ursprung dieser Erscheinung nicht Klarheit schaffen. Sie begriffen, dass hier
eine nationale Ausnahmeerscheinung vorliege; statt aber dem Ursprung dieser
Ausnahmeerscheinung nachzugehen, befassten sie sich mit ihren Folgen. Sie
glaubten, ihr einziger Inhalt sei die Tatsache, dass die kulturelle Entwicklung
des jüdischen Volkes gestört und eingeengt ist. Ihre Weltanschauung wies einen
krassen Widerspruch auf: das materialistische Maximal-Programm verband sich mit
einem idealistischen Minimal-Programm. Trotzdem war es ein großer Schritt
vorwärts. Die Massen zwangen die Intellektuellen, die Existenz der nationalen
Frage anzuerkennen. Diese Führer der Arbeiterbewegung waren auf einen Abweg
geraten: statt die Entwicklung des sozialistischen Bewusstseins der Masse von
unten zu beginnen, hatten sie von oben angefangen; statt von den Tagesinteressen
der Arbeiter auszugehen und auf diese Weise zur Formulierung des Endziels zu
kommen, bewerteten sie die Interessen der Arbeiter vom Gesichtspunkt eines engen
Kosmopolitismus, vernachlässigten alle Interessen, die in dieses Schema nicht
passten und sahen in der Arbeiterschaft ein Mittel zum Zweck; statt
Sozialdemokraten zu sein, waren sie Sozialaristokraten. So war und so
blieb die Taktik des "Bund". Die Massen zwangen ihn aber, mit seiner kindlichen
Naivität Schluss zu machen, worauf er in einen Sumpf von Opportunismus und
Kompromissen geriet.
Der
revolutionäre Gedanke aber konnte auf dieser Stufe nicht stehen bleiben, er
musste eines der beiden Prinzipien, die der "Bund" vergebens zu vereinigen
versuchte, zu Ende entwickeln. Die Lösung der nationalen Frage musste als
historische Notwendigkeit betrachtet werden, sie musste in den großen Rahmen
eingefügt werden, der jeden Punkt des Minimal- wie des Maximal-Programms umgibt.
Entweder - oder: entweder muss man die Existenz des Ghetto überhaupt verleugnen,
oder man muss seine Existenz und seinen Einfluss auf den Klassenkampf des
jüdischen Proletariats in Betracht ziehen; entweder Assimilation oder
Nationalismus. Da aber der erste Gedanke der jüdischen Arbeiterschaft absolut
fremd und fast unbegreiflich war, zwang die weitere Entwicklung des
jüdisch-revolutionär-proletarischen Bewusstseins, die enge Position des "Bund"
zu verlassen und die jüdische Wirklichkeit ernsthaft zu analysieren.
Dabei
musste sich der analysierende Gedanke mit der augenscheinlichen Tatsache
auseinandersetzen, dass die jüdische Arbeiterschaft im Lebensnerv der modernen
Wirtschaft, in der Großindustrie, nicht vertreten ist. "Nicht in den großen
Kohlenrevieren, nicht an den Maschinen bildet sich ihr Geist und
Klassenbewusstsein. In schwülen engen Werkstätten, in kleinen Handwerksbuden,
auf dem niedrigen `Dreifuss´ entstehen ihre Ideale; der Körper des jüdischen
Arbeiters und seine Seele erziehen sich zum Kampf nicht im Rauch und Geräusch
der Fabrik, sondern im schwarzen feuchten Rauch der kleinen Petroleumlampen und
in der nassen kalten Luft der Kellerwohnungen, die ihm als Arbeitsplätze
dienen."
Das in
der Kleinproduktion beschäftigte Proletariat ersehnt und erstrebt den Übergang
zur Großindustrie. Das Proletariat weiß: nur in der Großindustrie verschmelzen
seine Kräfte zu einem Organismus, nur dort kann es sich die Waffen schmieden,
die es im Kampf um seine Interessen braucht. Der Zutritt zur Großindustrie ist
dem jüdischen Arbeiter aber versperrt. Das traurige Los der jüdischen Nation,
die Unterdrückung, wirkt sich für jede Klasse anders aus; jede Klasse ist
bemüht, sich mit ihren eigenen Mitteln von dieser Unterdrückung zu befreien. Die
Landlosigkeit des jüdischen Volkes ist es, woraus die giftige Frucht der
Galuth erwuchs. Jede Klasse leidet auf ihre eigene Art und Weise unter der
Landlosigkeit, jede Klasse hat bei ihrer Entwicklung jene giftige Frucht der
Galuth zu kosten.
Eine
Nation ohne Land, ohne seine selbständige wirtschaftliche Basis, eine
Nation, die sich nachträglich in fremde Wirtschaftsbeziehungen einschaltet,
welche bereits eine bestimmte Form angenommen haben, ist dazu verurteilt, eine
einsame isolierte Gruppe zu bleiben, der die einheimische Bevölkerung die
eigenen, bereits besetzten wirtschaftlichen Positionen verwehrt. Überall stößt
diese Nation auf die nationale Konkurrenz. Da sie aber in Ermangelung einer
eigenen wirtschaftlichen Basis der Konkurrenz nicht gewachsen ist, ist sie dazu
verurteilt, in die zurückgebliebenen und unwichtigsten Produktionszweige
verwiesen zu werden. Durch diese Tatsache wird der Arbeitsplatz des jüdischen
Arbeiters ungemein verengt und geschmälert. So leidet auch das jüdische
Proletariat unter der nationalen Konkurrenz. Es ist nur noch hilfloser als die
anderen Klassen des jüdischen Volkes.
Um den
Kampf gegen das Kapital zu führen, muss der Arbeiter erst Arbeit haben. Erst
wenn der Arbeiter einen Arbeitsplatz hat, kann er ihn als strategische Basis,
als Kampfplatz benutzen. Allein schon um sich den Arbeitsplatz zu erobern, muss
er in einen Konkurrenzkampf mit anderen Arbeitern treten, wobei sich diese
Konkurrenz sowohl als persönliche wie als nationale darstellt. Erst nachdem sich
der Arbeiter einen Platz im Produktionsprozess gesichert hat, beginnt er gegen
das Kapital zu kämpfen, das nunmehr als sein nächster und wichtigster
Unterdrücker auftritt. Mit dem Augenblick, in dem der Arbeitsplatz zur Basis des
Kampfes gegen das Kapital wird, verschwinden aus dem Bewusstsein des einzelnen
Proletariers allmählich die Gefühle der Konkurrenz, um den Gefühlen der
Solidarität Platz zu machen, erst mit diesem Augenblick findet der Ruf
"Proletarier aller Länder, vereinigt euch!" einen Widerhall in der breiten Masse
der Arbeiter, erstarkt das Klassenbewusstsein des Arbeiters wie seine
sozialistische Ideologie. Die sozialistische Ideologie ist international; sie
ist als solche von Anbeginn an zu erkennen. Die internationalen Forderungen der
sozialistischen Bewegung finden im Maximal-Programm des Sozialismus ihren
Ausdruck; sie werden durch einen langwierigen und komplizierten historischen
Prozess verwirklicht. Zwischen dem "Heute", das der Sozialismus bekämpft, und
jenem fernen "Morgen", an dem er seinen Sieg feiern wird, liegt ein langer Weg
voll von Kämpfen und allmählichen Eroberungen. Als man sich vorstellte, dass das
Ideal allein durch den Kampf um das ferne "Morgen" verwirklicht werden kann,
hatte die sozialistische Lebensauffassung einen utopischen Charakter: ihr fehlte
die historische Perspektive, die Bewegung wurde als Aufgabe einzelner
Idealisten, nicht als Sache großer, ihrer Aufgabe bewusster Massen aufgefasst.
Die Massen erkämpfen sich erst ein sozialistisches Bewusstsein, kommen erst in
Bewegung, wenn Prozesse eines realen Kampfes vor sich gehen. Ein
abstraktes Ideal kann die Masse nicht in den Kampf rufen; der Kampf breiter
Massen kann nur im Zeichen täglicher Bedürfnisse ausgefochten werden, deren
Befriedigung keinen Aufschub duldet.
Wenn der
Verkünder der sozialistischen Idee das erste Mal zu den Massen kommt, bringt er
ihnen ein vollkommenes Ideal. Eine Zeitlang gelingt es ihm, ihre Begeisterung
für dieses ferne Ziel zu wecken. Die täglichen Interessen sprechen aber eine
immer deutlichere Sprache, das Maximal-Programm erweist sich immer mehr als
einseitig; aus den Gegenwartsforderungen formt sich daneben allmählich ein
Minimal-Programm. Zunächst mag innerer Zusammenhang fehlen, mit der Entwicklung
der Arbeiterbewegung, mit dem Wachsen des Massenbewusstseins fügt es sich aber
immer logischer in die historischen Perspektiven ein. Das Ideal, das zunächst
nur ein subjektives Wunschbild war, erhält nun die Bedeutung eines
zwangsläufigen Prozesses und einer historischen Notwendigkeit; die zielbewusste
Regulierung dieser elementaren Prozesse erscheint als Aufgabe der
klassenbewussten Arbeitermasse. Nicht nur das allgemeine Maximal-Programm, auch
manche Forderungen des Minimal-Programms sind so sehr kompliziert und bedingen
für ihre Verwirklichung eine so lange Frist, dass auch sie nur allmählich in den
Rahmen der historischen Perspektive eingefügt, nur allmählich von ihren
utopischen Elementen befreit werden können. Erfordert aber diese Entwicklung des
Maximal – Programms des sozialistischen Ideals selbst mehrere Generationen,
beansprucht hier der Übergang von Utopie zu Wissenschaft Jahrzehnte, so ist es
durchaus denkbar, dass einzelne Punkte des Minimal-Programms den Weg von der
Utopie zur Wissenschaft in einem viel kürzeren Zeitraum, entsprechend dem
Prozess der geistigen Reifung einzelner Individuen, zurücklegen.
Der
nationale Druck wurzelt in der Tatsache, dass das jüdische Volk der nationalen
Konkurrenz nicht gewachsen ist. Dieser nationale Druck erscheint dem jüdischen
Arbeiter in zweifacher Form: Er verengt seinen Arbeitsplatz und macht seine
strategische Basis anormal. Jeder Arbeiter erscheint in der modernen Wirtschaft
in doppelter Funktion: als Arbeiter im Produktionsprozess und als Kämpfer gegen
den Kapitalismus. Manchmal verflechten sich beide Funktionen und greifen
ineinander über; häufig geraten sie auch in Widerspruch zueinander. Das
Proletariat, das die kapitalistische Wirtschaft als Ganzes bekämpft, bekämpft
auch ihre inneren Antagonismen, alle Widersprüche, die der Kapitalismus
hervorruft. Diese Widersprüche treten aber auch beim Proletariat selbst in
Erscheinung, sie bedingen auch eine gewisse Zwiespältigkeit seiner Situation.
Die sozialökonomische Kraft des Arbeiters ist in seiner Arbeit, in seiner
Teilnahme an der sozialen Produktion begründet; um aber diese Kraft auszunutzen,
um in den Kampf gegen das Kapital zu treten, muss er die Arbeit einstellen. Um
sich auf den Kampf vorbereiten zu können, muss der Arbeiter Freizeit haben, muss
er frei von seiner Arbeit sein. Ein arbeitsloser Proletarier kann keinen Kampf
führen. Im Kampf wird er aber für eine Zeitlang aus freiem Entschluss arbeitslos
und ein misslungener Arbeitskampf zieht oft längere erzwungene Arbeitslosigkeit
nach sich. Die Arbeitsbedingungen fallen mit den Kampfbedingungen insofern
zusammen, als die Teilnahme am Produktionsprozess die Möglichkeit verschafft, am
Kampf teilzunehmen; insofern fällt die strategische Basis mit dem Arbeitsplatz
zusammen. Der Widersprich zwischen Arbeit und Kampf führt im Gegenteil dazu,
dass der Arbeitsplatz der strategischen Basis nicht ganz entspricht.
Die
Entwicklung der sozialistischen Bewegung schafft diesen Widerspruch allmählich
aus der Welt. Verliert der Kleinbürger seine Existenz, so tritt er in die Reihen
der im Prozess der Proletarisierung begriffenen Schichten, um sie als
Proletarier zu verlassen. Solange er auf der Arbeitsuche ist, erscheint ihm als
einziges Ziel und als Mittelpunkt seiner sämtlichen Interessen der Arbeitsplatz.
Anders ist es beim Arbeiter, der bereits proletarisiert ist (der seinen Platz in
der Produktion bereits eingenommen hat): mit dem Fortschritt seines
Klassenbewusstseins treten für ihn die Interessen des Arbeitsplatzes in den
Hintergrund, um den Interessen der strategischen Basis Platz zu machen. Die
Tatsache, dass das jüdische Volk kein Territorium besitzt, ist die primäre
Ursache dafür, dass der Arbeitsplatz des jüdischen Arbeiters, wie auch die
strategische Basis des kämpfenden jüdischen Proletariats anormal sind.
Mit dem
Wachsen und mit der Vertiefung des fortschrittlichen Gedankens in den Reihen der
jüdischen Arbeiterklasse wurde diese Tatsache allmählich allgemein bekannt und
klar; man ging dazu über, die Judenfrage als Ergebnis der Landlosigkeit des
jüdischen Volkes aufzufassen und die Lösung dieser Frage im Territorialismus
zu suchen. Der jüdische Arbeiter musste im Prozess seines Klassenkampfes zum
Territorialismus kommen. Er errang sich diese Erkenntnis aber mühevoll, er
gelangte zu ihr nicht auf geradem und logischem Wege. Sein Weg zum
Territorialismus ging über viele kleine Seitenpfade, die durch zahlreiche
Widersprüche verlegt waren. Der Erkenntnis von der Notwendigkeit des
Territorialismus folgte die Aufnahme dieser Forderung in das Minimal-Programm
der jüdischen Arbeiterklasse. Diese Aufnahme geschah aber überstürzt, in Eile,
ohne den klaren und notwendigen Zusammenhang zwischen Sozialismus und
Territorialismus aufzuzeigen. Man erklärte zunächst die Notwendigkeit des
Territorialismus durch die Anomalien des Arbeitsplatzes der jüdischen Massen,
was zur Folge hatte, dass dieses Bedürfnis nichts gemein hatte mit den
Bedürfnissen des kämpfenden sozialistischen Proletariats. Auf dieser tiefen
Entwicklungsstufe standen die Zionisten - Sozialisten, die nur eines von
den beiden Gesichtern des Arbeiters sahen; in ihrer Begründung des
Territorialismus erscheint der Arbeiter nur als Produzent, nicht aber auch als
Kämpfer.
Es stimmt
zwar, dass die Zionisten - Sozialisten die anormalen Bedingungen des
Klassenkampfes im jüdischen Leben einigermaßen hervorhoben. Diese Hervorhebung
war aber nie die Grundlage ihres Programms. Der Klassenkampf fand in ihre
Weltanschauung nur als revolutionäre Dekoration, bestenfalls als Nebenmoment der
Argumentation, Eingang, nicht aber als Ausgangspunkt, als der Weg zur
Verwirklichung. Und da die Zionisten - Sozialisten den Arbeiter allein als
Produzenten betrachteten, weist ihr Territorialismus sämtliche
charakteristischen Merkmale der Ideologie jener Schichten auf, die im Prozess
der Proletarisierung begriffen sind. Ihr Ausgangspunkt ist die
Auswanderung; doch im Prozess der Auswanderung führt der Arbeiter keinen
Klassenkampf. Sie sehen den Weg zur Verwirklichung des Territorialismus in der
Suche nach Territorien und in diplomatischen Unterhandlungen mit
Kolonialstaaten; der Klassenkampf ist aber weder durch Diplomatie noch durch die
Ausrüstung von Forschungsexpeditionen zu fuhren. Die soziale Hilflosigkeit,
welche die in der Proletarisierung begriffenen Schichten charakterisiert,
zeichnet auch die Realisierung des Territorialismus in der Vorstellungswelt der
Zionisten - Sozialisten aus. Die Auswanderung der Arbeiter richtet sich dorthin,
wohin das Kapital auswandert; ebenso verhält es sieht mit dem Territorialismus
der Zionisten - Sozialisten: das Territorium auszusuchen und zuerkannt zu
bekommen, ist Sache der bürgerlichen Territorialisten; das Proletariat
beschränkt sich auf die moralische Unterstützung des bürgerlichen
Territorialismus. Die Avantgarde der Bewegung stellt die Bourgeoisie dar, die
Arbeiterklasse marschiert brav hinterdrein und klirrt laut und vornehmlich mit
den Waffen der Phraseologie.
Da die
Zionisten - Sozialisten die Lage des Proletariats in der Verwirklichung des
Territorialismus als durchaus hilflos ansehen, müssen sie diese Verwirklichung
notwendigerweise nicht als historische Notwendigkeit, sondern als subjektiven
Wunsch betrachten; sprechen sie von einer historischen Notwendigkeit, ist es
nichts als realistische Dekoration. Die Zionisten - Sozialisten gehen von einer
zwangsläufigen Auswanderung aus und gelangen zu einer
künstlich-konzentrierten Einwanderung, wobei sie die künstliche
Konzentrierung ganz dem Bürgertum überlassen. Auf diese Weise unterlassen sie
es, den Territorialismus in die allgemeine historische Perspektive
einzugliedern; zwischen der Gegenwart und der Zukunft gibt es keinen Übergang,
keine Brücke. Zwischen der Galuth und dem Territorium liegt eine Kluft: hier
ist alles schlecht, hier gibt es keinen Übergang, keine Brücke. Zwischen der
Galuth und wäre; alle Gedanken, alle Hoffnungen müssen nach drüben
gerichtet werden; hinter diesen Gedanken steht aber keine Kraft, diese
Hoffnungen sind Hoffnungen der Machtlosigkeit. Weder der Territorialismus, noch
der Klassenkampf, den die Zionisten – Sozialisten ja hier an Ort und Stelle,
und zwar sehr energisch, führen, sind in den großen Zug der historischen
Notwendigkeit eingegliedert; beide Prozesse führen ein Sonderdasein in der noch
unreifen Ideologie der Zionisten-Sozialisten. Da die Zionisten - Sozialisten die
latenten Kräfte, die im jüdischen Leben der Gegenwart schlummern, durchaus
pessimistisch einschätzen, können sie in ihr Programm keine Spur von nationalen
Forderungen in der Galuth aufnehmen; der Kluft zwischen der Galuth und dem
Territorialismus entspricht eine zweite Kluft, die zwischen dem Territorialismus
und dem sozialistischen Ideal liegt. Der Territorialismus wie ihn die Zionisten
- Sozialisten formulieren und vertreten, wird nicht in einem Entwicklungsprozess
objektiver Kräfte verwirklicht; das Proletariat kann sich an seiner
Verwirklichung nicht durch Klassenkampf beteiligen. Dieser innere Widerspruch
nimmt dem Programm der Zionisten – Sozialisten jeden politischen Wert und zwingt
die jüdische Arbeiterschaft, ein neues Programm zu formulieren. In dem Programm
der Zionisten - Sozialisten gibt es zwar eine Zukunft, aber keine Gegenwart.
Dieses Programm vermag nicht einen objektiven Prozess aufzuzeigen und von ihm
auszugehen, den Zionisten-Sozialisten fehlt die historische Perspektive, die das
Heute mit dem Morgen verbindet.
Als
Opposition gegen das Programm der Zionisten-Sozialisten traten zwei neue
Richtungen hervor. Die eine als "Sejmismus" bekannt, richtet ihren
Blick nur auf die Gegenwart, auf die Galuth, nur auf den minimalsten Punkt des
Minimal-Programms - nur auf die Entwicklung der latenten nationalen Kräfte
des jüdischen Volkes in seinen Wohngebieten; die Zukunft – der Territorialismus
- spielt bei den Sejmisten nur die Rolle einer propagandistischen Dekoration.
Die Zionisten - Sozialisten haben eine Zukunft ohne Gegenwart, die Sejmisten
eine Gegenwart ohne Zukunft; weder die einen noch die anderen haben eine
historische Perspektive.
Die
zweite Richtung — sie wird von uns vertreten — fand ihren Ausdruck in der "Jüdischen
Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Poale Zion". Sie konstatiert eine
historische Perspektive zwischen der Gegenwart und der territorialen Autonomie,
zwischen dem Territorialismus und dem sozialistischen Ideal.
Unsere
Weltanschauung wird durch zwei Momente gekennzeichnet und von allen früheren
Entwicklungsstadien des jüdischen proletarischen Gedankens unterschieden.
Ebenso
wie der Sozialismus durch einen von bewusster Tätigkeit unabhängigen
zwangsläufigen Prozess der Konzentrierung der Produktion verwirklicht wird,
beginnen auch die jüdischen Wandermassen, sich unabhängig, von jemandes Willen
auf ein bestimmtes Territorium zu konzentrieren. Dieses Territorium muss
nach seiner sozialökonomischen Struktur ein halbagrarisches sein, denn nur in
ein solches Territorium können das auswandernde jüdische Klein- und
Mittelkapital und die auswandernde jüdische Arbeitskraft eindringen. Diese
Produktivkräfte können sich nur in einem Lande ungehindert entfalten, in
dem sich die eingeborene Bevölkerung noch zu keinem wirtschaftlich geschlossenen
Organismus, zu keiner Nation entwickelt hatte, die in nationale Konkurrenz mit
dem jüdischen Kapital und mit der jüdischen Arbeitskraft treten würde; nur in
einem Lande, dessen Markt hauptsächlich ein Auslandsmarkt ist, der durch die
Schranken der inneren Nachfrage nicht begrenzt ist. Dieses Territorium ist
Palästina, und dort vollzieht sich zwangsläufig eine ökonomische Autonomisierung
des jüdischen Lebens.
Auf diese
Weise wird der Territorialismus, diese ökonomische Revolution des jüdischen
Lebens, zwangsläufig verwirklicht. Hätte diese grandiose Umwälzung künstlich zu
schaffende Voraussetzungen, so wäre der Territorialismus die größte Utopie, wie
er ja auch in der Weltanschauung der Zionisten - Sozialisten und Sejmisten
nichts anderes als eine Utopie darstellt. In unserem Programm stellt sich der
Territorialismus nicht nur als historische Forderung, sondern auch als
historische Notwendigkeit dar, die durch sich selbst verwirklicht werden wird.
Für uns ist er nicht nur eine politische Forderung, sondern auch eine
wissenschaftliche Prognose der jüdischen Zukunft. Solange uns ein konkretes
Territorium fehlte, solange wir es mit einem abstrakten Territorium zu tun
hatten, das in den Wolken schwebte, blieb der Territorialismus nur subjektiver
Wunsch, dessen Verwirklichung mit Abenteurertum und der ununterbrochenen
Produzierung unwahrscheinlicher Projekte verbunden ist. Der Territorialismus
wird erst in dem Augenblick zur historischen Notwendigkeit, in dem uns die
genaue Analyse der objektiven Tendenzen der jüdischen Wanderung auf dasjenige
konkrete Territorium hinweist, in dem sich die jüdische Einwanderung
zwangsläufig konzentrieren wird.
Das ist
das erste Moment, das uns von den ändern Strömungen des jüdischen Proletariats
unterscheidet.
Ebenso
wie in den zwangsläufigen Prozess der Verwirklichung des Sozialismus der
regulierende Wille der klassenbewussten Arbeitermassen eingreift (die sich zur
Aufgabe setzen, die zwangsläufigen Prozesse durch Klassenkampf zu leiten und sie
dem Prinzip der Ökonomie der Kräfte unterzuordnen), ebenso greift in den
zwangsläufigen Prozess der Verwirklichung des Territorialismus der Wille der
klassenbewussten Massen des jüdischen Proletariats ein. Auch andere Klassen des
jüdischen Volkes hängen dem Territorialismus an, wobei sich jede Klasse bemüht,
diesen zwangsläufigen Prozess auf ihrem eigenen Wege zu regulieren. Jede
Klasse des jüdischen Volkes betrachtet den Territorialismus in Übereinstimmung
mit ihren Klasseninteressen: der Gegensatz, der zwischen diesen
Klasseninteressen besteht, hat einen harten Kampf zur Folge, der zwischen den
entgegengesetzten Klassen des jüdischen Volkes im Prozess der Verwirklichung des
Territorialismus selbst entsteht.
Die
Eroberung der territorialen Autonomie in Palästina weist in dieser Beziehung
eine Ähnlichkeit mit der Beseitigung des Absolutismus in Russland auf. Die
Vernichtung des Absolutismus und die Demokratisierung des politischen Lebens in
Russland ist ein zwangsläufiger Prozess, der sich unabhängig vom menschlichen
Willen vollzieht. Dennoch ist das Proletariat bestrebt, diesen zwangsläufigen
Prozess auf dem Wege des Klassenkampfes bewusst zu regulieren. Doch sind an der
Beseitigung des Absolutismus auch andere Klassen der russischen Gesellschaft
interessiert, die bestrebt sind, diesen zwangsläufigen Prozess ihren Interessen
dienstbar zu machen. Auf dieser Grundlage entstehen die merkwürdigsten
Wandlungen. Der ursprüngliche Kampf zwischen Kapital und Arbeit wendet sich in
einem bestimmten Stadium gegen die Regierung, wobei für eine bestimmte
Zeitspanne der Anschein einer Einigkeit zwischen Arbeit und Kapital entsteht,
die den gemeinsamen Feind, den Absolutismus, bekämpfen. In einer späteren
Periode entsteht aber ein umso härterer und bewussterer Kampf zwischen Arbeit
und Kapital über die Verteilung des Eroberten und über die Methoden des Kampfes
selbst.
Ebenso
stellt sich uns die Verwirklichung der territorialen Autonomie dar. Im
gegenwärtigen Augenblick sind sowohl die jüdische Bourgeoisie wie das jüdische
Proletariat an der Verwirklichung des Territorialismus interessiert. Aber
bereits jetzt kommt der grundsätzliche Antagonismus beider Klassen klar zum
Vorschein. Die Bourgeoisie erhofft das Heil von diplomatischen Unterhandlungen
mit dem Sultan und von einer künstlichen Art Kolonisation; wir dagegen erheben
schärfsten Protest gegen jede Art von Notablen-Politik und gegen die
Ausarbeitung kolonisatorischer Projekte. Dieser ideologische Unterschied, der
uns schon jetzt in die schärfste Kampfstellung gegenüber dem bürgerlichen
Zionismus drängt, wird in Palästina die schärfsten Formen des Klassenkampfes
annehmen. Selbst die aufgeblasenste nationale Phraseologie der bürgerlichen
Zionisten kann nicht die Tatsache aus der Welt schaffen, dass die jüdische
Bourgeoisie in Palästina ebenso wie hier in der Galuth aus dem jüdischen
Proletariat Mehrwert pressen wird. Der Antagonismus zwischen Arbeit und Kapital
wird von selbst nach Palästina mitkommen. Auf einer bestimmten Entwicklungsstufe
wird sich dieser Antagonismus gegen die türkische Regierung wenden. Auch
die jüdische Bourgeoisie wird am Erfolg des Kampfes gegen die türkische
Regierung interessiert sein, auch sie wird die Parole der territorialpolitischen
Autonomie für das jüdische Volk in Palästina ausgeben. Der zwangsläufige
Fortschritt der autonomen jüdischen Wirtschaft in Palästina wird den Erfolg
dieser Parole sichern und letzten Endes zu einer wirklichen territorialen
Autonomie führen. Das jüdische Proletariat wird aber neben dem Kampf gegen die
türkische Regierung auch einen Kampf gegen die jüdische Bourgeoisie führen
müssen, die selbstverständlich bestrebt sein wird, die territoriale Autonomie
ihren Interessen dienstbar zu machen. Solange sich der proletarische
Territorialismus noch im Stadium der Utopie befand, stellte er sich als ein
Unternehmen dar, dass ruhig und schmerzlos auf dem Wege diplomatischer
Unterhandlungen und in engster Verbindung zwischen dem territorialistischen
Bürgertum und territorialistischer Proletariat verwirklicht werden wird — so
etwa wie die Zionisten - Sozialisten es auffassen. Wir stellen uns dagegen den
Territorialismus als tiefgehenden revolutionären Prozess vor, der die
kompliziertesten und verschlungensten Formen sozialer Kämpfe aufweist; als einen
Prozess, an dem das Proletariat durch der Klassenkampf teilnimmt.
Das ist
das zweite Moment, das uns von den anderen Strömungen des jüdischen Proletariats
trennt.
Indem wir
einen unverrückbaren und engen Zusammenhang zwischen der Gegenwart und der
Zukunft, zwischen der Diaspora und der territorialen Autonomie, zwischen dem
Territorialismus und dem Sozialismus feststellen, bauen wir unsere
Kampfstellungen auf zwei Fronten aus: wir bemühen uns, die Lage des jüdischen
Proletariats in der Diaspora zu verbessern und seine Position in Palästina zu
stärken.
Auf der
ersten Front erstreben wir die größtmögliche Ausnutzung der Demokratisierung des
politischen Lebens in den Diaspora - Ländern. Da die Eroberung der territorialen
Autonomie ein langwieriger Prozess ist, und da wir, solange dieser Prozess nicht
abgeschlossen ist, die Tagesbedürfnisse der breiten Volksschichten nicht
ignorieren dürfen, erheben wir auch eine Reihe nationaler Forderungen: Freiheit
der nationalen Erziehung, national-kulturelle Autonomie der Gemeinden,
sprachliche Gleichberechtigung, Ausdehnung des demokratischen Wahlrechtes auf
sämtliche Verwaltungszweige, Vertretung in sämtlichen Gesetzgebungs-,
Verwaltungs- und Gerichtsorganen im Verhältnis zur Bevölkerungsstärke auf Grund
nationaler Kurien. Alle diese Forderungen sind grundlegende demokratische
Garantien, Vorbedingungen und Ergänzungen der nationalpolitischen Autonomie;
alle diese Forderungen dürften — nicht gemeinsam, sondern stufenweise — mit der
fortschreitenden Demokratisierung und Nationalisierung der kapitalistischen
Gesellschaft verwirklicht werden.
Welche
Garantien, Vorbedingungen und Ergänzungen wir für die Forderung der
territorialpolitischen Autonomie in Palästina zu verlangen haben, können wir
heute genau nicht sagen; die steigende jüdische Einwanderung nach Palästina wird
konkrete Forderungen in Erscheinung treten lassen, die wir zur gegebenen Zeit in
unser Programm aufnehmen werden. Im gegenwärtigen Augenblick können wir nur die
Forderungen nach dem Recht der freien Einwanderung, nach rechtlichen Garantien
für die persönliche Sicherheit und Unversehrtheit der Einwanderer und nach
Selbstverwaltungsrechten für die jüdischen Siedlungen in Palästina erheben. Alle
diese Forderungen können nicht durch Diplomatie, sondern ausschließlich durch
Klassenkampf verwirklicht werden. Allein der energische und entschiedene
Klassenkampf des jüdischen Proletariats in der Diaspora wird den Juden das Recht
auf freie Einwanderung nach Palästina wie auch die anderen Rechte erobern.
Unsere
Prinzipien bauen sich weder auf Vereinbarungen noch auf unbegründeten Annahmen
und Berechnungen auf, sondern auf dem realen Kräfteverhältnis, wie es sich in
den zwangsläufigen Entwicklungsprozess des jüdischen Lebens in der Diaspora und
der jüdischen Einwanderung nach Palästina von selbst ergeben wird. Unsere
Tätigkeit hier und unsere Tätigkeit dort stehen in keinem Gegensatz zueinander;
sie sind im Gegenteil zwei Erscheinungsformen eines Prozesses. Es sind nicht
zwei verschiedene Ebenen, sondern zwei Linien auf derselben Ebene, zwischen
denen sich derselbe zwangsläufige Prozess der jüdischen Dynamik vollzieht. Die
jüdischen Proletarier leben und kämpfen hier für ihre Tagesinteressen. Zur
Gesamtheit der mannigfaltigen Bedürfnisse hier, an Ort und Stelle, gehört auch
das Tagesinteresse an der Freiheit der Einwanderung in das Territorium, an der
Beseitigung der Hindernisse, die den Weg dorthin versperren, an günstigen
Lebensbedingungen drüben. Die zwangsläufigen Prozesse zwingen einen bedeutenden
Teil der jüdischen Proletarier dorthin auszuwandern; indem sie dort leben,
führen sie dort auch ihren Klassenkampf. Je mehr Freiheit und Vollberechtigung
hier, desto leichter ist es, die Freiheit dort zu erringen; je mehr Freiheit wir
dort erringen, desto mehr reale Garantien erlangen wir für die Rechte, die wir
uns hier eroberten. "Je besser hier, desto besser dort und umgekehrt."
Das
Maximum der nationalen Rechte, die wir uns in der Diaspora erkämpfen können,
ergibt den Begriff der national-politischen Autonomie; das Maximum der
nationalen Rechte, die wir uns in Palästina erkämpfen können, ergibt den Begriff
der territorialpolitischen Autonomie. Die nationalpolitische Autonomie ist nicht
Mittel, um den Zweck der territorialen Autonomie zu erreichen. Sie ist
Selbstzweck, ebenso wie die territoriale Autonomie. Es sind zwei Ziele, die
durch einen elementaren Prozess verbunden sind: sie ergeben keine gerade Linie,
sondern entfalten sich im weiten Rahmen der vielseitigen historischen
Perspektive, gleichzeitig hier und dort. Diese historische Perspektive findet
ihren Ausdruck in unserem Programm und jeder Punkt dieses Programms wird durch
den Klassenkampf verwirklicht.
Die
Arbeiterklasse stellt in verschiedenen Ländern, zu verschiedenen Zeiten, in
verschiedenen Perioden, unter verschiedenen Bedingungen neben dem
allgemeinen sozialistischen Endziel verschiedene Sonderziele auf, die in ihr
Minimal-Programm aufgenommen werden; ungeachtet der mit ihnen verbundenen
Forderungen bleiben die Formen des politischen und wirtschaftlichen Kampfes beim
Proletariat im Grunde immer gleich. Der Unterschied in den Parolen und in den
Forderungen bedeutet keinen Unterschied im Klassenkampf.
Um den
Territorialismus und die nationalpolitische Autonomie zu verwirklichen, geben
wir neue Parolen aus; wir bewahren aber das alle, erprobte, einzig richtige
Mittel — den Klassenkampf.
Aus
Schriftenreihe der "Poale – Zion", Seite 55 – 69.
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10-05-07 |