Grundlagentexte zum
Zionismus
Theodor Herzl / Benjamin S'ew Herzl
Der Judenstaat
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Vorrede
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Einleitung
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Allgemeiner Teil
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Die Jewish Company
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Ortsgruppen
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Society of Jews und
Judenstaat
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Schlußwort
VORREDE
Der Gedanke, den ich in dieser Schrift
ausführe, ist ein uralter. Es ist die Herstellung des Judenstaates.
Die Welt widerhallt vom Geschrei gegen die Juden, und das weckt den
eingeschlummerten Gedanken auf.
Ich erfinde nichts, das wolle man sich vor allem und auf jedem
Punkte meiner Ausführungen deutlich vor Augen halten. Ich erfinde
weder die geschichtlich gewordenen Zustände der Juden noch die
Mittel zur Abhilfe. Die materiellen Bestandteile des Baues, den ich
entwerfe, sind in der Wirklichkeit vorhanden, sind mit Händen zu
greifen; jeder kann sich davon überzeugen. Will man also diesen
Versuch einer Lösung der Judenfrage mit einem Worte kennzeichnen, so
darf man ihn nicht «Phantasie», sondern höchstens «Kombination»
nennen.
Gegen die Behandlung als Utopie muß ich meinen Entwurf zuerst
verteidigen. Eigentlich bewahre ich damit nur die oberflächlichen
Beurteiler vor einer Albernheit, die sie begehen könnten. Es wäre ja
keine Schande, eine menschenfreundliche Utopie geschrieben zu haben.
Ich könnte mir auch einen leichteren literarischen Erfolg bereiten,
wenn ich für Leser, die sich unterhalten wollen, diesen Plan in den
gleichsam unverantwortlichen Vortrag eines Romans brächte. Aber das
ist keine solche liebenswürdige Utopie, wie man sie vor und nach
Thomas Morus so häufig produziert hat. Und ich glaube, die Lage der
Juden in verschiedenen Ländern ist arg genug, um einleitende
Tändeleien überflüssig zu machen.
Um den Unterschied zwischen meiner Konstruktion und einer Utopie
erkennbar zu machen, wähle ich ein interessantes Buch der letzten
Jahre: «Freiland» von Dr. Theodor Hertzka. Das ist eine sinnreiche
Phantasterei, von einem durchaus modernen, national-ökonomisch
gebildeten Geist erdacht, und so lebensfern wie der Äquatorberg, auf
dem dieser Traumstaat liegt. «Freiland» ist eine komplizierte
Maschinerie mit vielen Zähnen und Rädern, die sogar ineinander
greifen; aber nichts beweist mir, daß sie in Betrieb gesetzt werden
könne. Und selbst wenn ich Freilandsvereine entstehen sehe, werde
ich es für einen Scherz halten.
Hingegen enthält der vorliegende Entwurf die Verwendung einer in der
Wirklichkeit vorkommenden Treibkraft. Die Zähne und Räder der zu
bauenden Maschine deute ich nur an, in aller Bescheidenheit, unter
Hinweis auf meine Unzulänglichkeit und im Vertrauen darauf, daß es
besser ausführende Mechaniker geben wird, als ich einer bin.
Auf die treibende Kraft kommt es an. Und was ist diese Kraft? Die
Judennot.
Wer wagt zu leugnen, daß diese Kraft vorhanden sei? Wir werden uns
damit im Kapitel über die Gründe des Antisemitismus beschäftigen.
Man kannte auch die Kampfkraft, die im Teekessel durch Erhitzung des
Wassers entstand und den Deckel hob. Diese Teekesselerscheinung sind
die zionistischen Versuche und viele andere Formen der Vereinigung
«zur Abwehr des Antisemitismus».
Nun sage ich, daß diese Kraft, richtig verwendet, mächtig genug ist,
eine große Maschine zu treiben, Menschen und Güter zu befördern. Die
Maschine mag aussehen, wie man will.
Ich bin im Tiefsten davon überzeugt, daß ich Recht habe - ich weiß
nicht, ob ich in der Zeit meines Lebens Recht behalten werde. Die
ersten Männer, welche diese Bewegung beginnen, werden schwerlich ihr
ruhmvolles Ende sehen. Aber schon durch das Beginnen kommt ein hoher
Stolz und das Glück der innerlichen Freiheit in ihr Dasein.
Um den Entwurf vor dem Verdacht der Utopie zu schützen, will ich
auch sparsam sein mit malerischen Details der Schilderung. Ich
vermute ohnehin, daß gedankenloser Spott durch Zerrbilder des von
mir Entworfenen das Ganze zu entkräften versuchen wird. Ein im
übrigen gescheiter Jude, dem ich die Sache vortrug, meinte: «Das als
wirklich dargestellte zukünftige Detail ist das Merkmal der Utopie.»
Das ist falsch. Jeder Finanzminister rechnet in seinem
Staatsvoranschlage mit zukünftigen Ziffern und nicht nur mit
solchen, die er aus dem Durchschnitt früherer Jahre oder aus anderen
vergangenen und in anderen Staaten vorkommenden Erträgen
konstruiert, sondern auch mit präzedenzlosen Ziffern, beispielsweise
bei Einführung einer neuen Steuer. Man muß nie ein Budget angesehen
haben, um das nicht zu wissen. Wird man darum einen
Finanzgesetzentwurf für eine Utopie halten, selbst wenn man weiß,
daß der Voranschlag nie ganz genau eingehalten werden kann?
Aber ich stelle noch härtere Zumutungen an meine Leser. Ich verlange
von den Gebildeten, an die ich mich wende, ein Umdenken und Umlernen
mancher alten Vorstellung. Und gerade den besten Juden, die sich um
die Lösung der Judenfrage tätig bemüht haben, mute ich zu, ihre
bisherigen Versuche als verfehlt und unwirksam anzusehen.
In der Darstellung der Idee habe ich mit einer Gefahr zu kämpfen.
Wenn ich all die in der Zukunft liegenden Dinge zurückhaltend sage,
wird es scheinen, als glaubte ich selbst nicht an ihre Möglichkeit.
Wenn ich dagegen die Verwirklichung vorbehaltlos ankündige, wird
alles vielleicht wie ein Hirngespinst aussehen.
Darum sage ich deutlich und fest: Ich glaube an die Möglichkeit der
Ausführung, wenn ich mich auch nicht vermesse, die endgültige Form
des Gedankens gefunden zu haben. Der Judenstaat ist ein
Weltbedürfnis, folglich wird er entstehen.
Von irgendeinem einzelnen betrieben, wäre es eine recht verrückte
Geschichte - aber wenn viele Juden gleichzeitig darauf eingehen, ist
es vollkommen vernünftig, und die Durchführung bietet keine
nennenswerten Schwierigkeiten. Die Idee hängt nur von der Zahl ihrer
Anhänger ab. Vielleicht werden unsere aufstrebenden jungen Leute,
denen jetzt schon alle Wege versperrt sind und denen sich im
Judenstaate die sonnige Aussicht auf Ehre, Freiheit und Glück
eröffnet, die Verbreitung der Idee besorgen.
Ich selbst halte meine Aufgabe mit der Publikation dieser Schrift
für erledigt. Ich werde das Wort nur noch nehmen, wenn Angriffe
beachtenswerter Gegner mich dazu zwingen oder wenn es gilt,
unvorhergesehene Einwände zu widerlegen, Irrtümer zu beseitigen.
Ist das, was ich sage, heute noch nicht richtig? Bin ich meiner Zeit
voraus? Sind die Leiden der Juden noch nicht groß genug? Wir werden
sehen.
Es hängt also von den Juden selbst ab, ob diese Staatsschrift
vorläufig nur ein Staatsroman ist. Wenn die jetzige Generation noch
zu dumpf ist, wird eine andere, höhere, bessere kommen. Die Juden,
die wollen, werden ihren Staat haben, und sie werden ihn verdienen.
[Aktuelle
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[Zur
Erinnerung: Soundfile 2000]
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